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Der Fake-Präsident, Terroristen, Schweineblut und Rinderfett

Muss man Präsident sein, um jeden Unsinn zu glauben, den einem die Leute erzählen, oder reicht es schon, Trump zu heißen?

Viktor Hermann

Der US-Präsident hat dieser Tage eine Gelegenheit beim Schopf ergriffen, ganz tief in einen Fettnapf einzutauchen. Nach dem furchtbaren Terroranschlag von Barcelona hielt Donald Trump es für richtig, eine Legende zu wiederholen, die seiner Meinung nach das perfekte Rezept gegen islamistischen Terror enthält. Der US-General John Pershing habe im Kampf gegen moslemische Aufständische auf den Philippinen Anfang des 20. Jahrhunderts gefangene Moslems mit Kugeln hinrichten lassen, die zuvor in Schweineblut getaucht worden seien. Danach habe es Jahrzehnte lang keinen islamischen Terror mehr gegeben.

Daran ist nur eines zutreffend: Pershing war damals auf den Philippinen und kämpfte gegen Aufständische. Der Rest ist nachweislich falsch. Pershing war damals nicht General, sondern Captain. Der Aufstand war eine Erhebung christlicher Filipinos, denen sich erst viel später moslemische Bauern anschlossen. Pershing setzte mehr auf Verhandlungen als auf Gewalt. Und er hat den Vorschlag eines Untergebenen abgelehnt, hingerichtete Moslems gemeinsam mit Schweinen zu beerdigen. Von in Schweineblut getauchten Kugeln kann also keine Rede sein. Und vor allem: Der Aufstand der Filipinos dauerte entgegen Trumps Behauptung noch viele Jahre nach Pershings Einsatz an.

Gibt es eine Steigerung von Fake News? Vielleicht "Trump News"? Oder gibt es als Ersatz für historische Tatsachen jetzt die Installation von "Trump Fake History"? Nach dem Motto: Wenn dem Präsidenten ein historisches Ereignis zu wenig aufregend ist, dann dichtet er es einfach um.

Die Geschichte mit dem Schweineblut hatte eine historische Entsprechung in den britischen Kolonialkriegen in Indien. Dort sollen britische Truppen im Kampf gegen den Sepoy-Aufstand Gewehrkugeln mit Rinderfett eingeschmiert haben, um gläubige Hindus, die damit getötet oder verwundet wurden, noch zusätzlich zu demütigen. Auch an dieser Geschichte stimmt fast nichts.

Der Aufstand brach aus, weil das unzutreffende Gerücht aufkam, die Papierpatronen des neuen Enfield-Gewehrs seien mit Rindertalg behandelt worden. Da die Soldaten diese Papierpatronen vor dem Laden aufbeißen mussten, wäre der Kontakt mit Rinderfett ein Verstoß gegen religiöse Vorschriften der Hindus gewesen. Wegen dieses Gerüchts rebellierten indische Soldaten der Kolonialarmee, die Sepoys. Das Gerücht reichte aus, um einen jahrelangen Krieg in Indien vom Zaun zu brechen, in dem beide Seiten furchtbare Gräueltaten begingen. Fake News können also Kriege auslösen. Das sollte vor allem ein Präsident bedenken, der potenziell die Entscheidung über den Einsatz von Atomwaffen treffen kann.

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