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Dem Staat ist nicht zu trauen

Das System der Pensionserhöhungen zeigt: Vor einer Regierung in Geldnot sollte man sich in Acht nehmen.

Alexander Purger

Ungewöhnlich schnell und friktionsfrei ist vorige Woche die Pensionserhöhung über die Bühne gegangen. SPÖ und ÖVP waren sich so einig wie schon lange nicht, auch die Opposition hat kaum etwas auszusetzen. Alles paletti also, möchte man meinen. Dabei stellt die beschlossene Lösung einen Offenbarungseid des Staates dar, wie er es mit der Vertragstreue hält - nämlich gar nicht.

Das Pensionssystem fußt auf einer Art Vertrag. Die Beschäftigten (und ihre Arbeitgeber) zahlen in die staatliche Pensionsversicherung ein und erhalten dafür die Zusage, einmal eine Pension zu bekommen, die ihren geleisteten Beiträgen entspricht. Dieser Vertrag wurde von der Regierung nun zum wiederholten Mal für einen gewissen Bezieherkreis gebrochen.

Die Bezieher höherer Pensionen erhalten 2018 überhaupt keine Erhöhung, was de facto einer Kürzung ihrer Ruhebezüge gleichkommt. Aus dem Grund dafür machen SPÖ und ÖVP gar kein Geheimnis: Trotz Rekord-Steuerbelastung und Rekord-Schuldenstand haben sie nicht genügend Geld, um alle Pensionen zu erhöhen. Damit mehr Geld für eine besondere Anhebung der kleinen Pensionen bleibt, wurde daher bei den großen Pensionen die Erhöhung schlicht eingespart.

Der Staat fördert also jene, die in ihrem Erwerbsleben wenig in die Pensionsversicherung eingezahlt haben, zulasten jener, die viel an Beiträgen geleistet haben. Zwar wirkt sich das für die Betroffenen momentan nur mit einem geringen Kaufkraftverlust aus, den sie bei der Höhe ihrer Pensionen zweifellos verschmerzen können. Doch da ihre Bezüge fast jedes Jahr nur unterdurchschnittlich oder gar nicht angehoben werden, mindert sich der Wert ihrer Pension im Laufe der Zeit beträchtlich.

Vor einigen Jahren erschien eine Studie, wonach in der Dekade davor bei einer kumulierten Inflationsrate von 24,8 Prozent die hohen Pensionen nur um 16,6 Prozent angehoben, also deutlich entwertet wurden.

"Es geht eh nur um ein paar Sektionschefs", heißt es dazu aus Regierungskreisen. Das kann man so sehen. Aber wer gibt einem die Gewissheit, dass einen die Regierung nicht ebenfalls bald als Sektionschef ansieht, gegenüber dem die Pensionsversicherung ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr zur Gänze erfüllen muss? Entsprechende Einkommensgrenzen sind rasch gezogen.

Wenn der Staat in Geldnot gerät, ist ihm nicht zu trauen. Und wenn bald die vielen, vielen Angehörigen der Babyboom-Generation in Pension gehen, wird die Geldnot im Pensionssystem noch viel größer werden, als sie es jetzt schon ist. Viele sorgen daher privat vor und sparen für eine Zusatzpension an. Das ist ein nicht unriskanter Weg. Der Staat könnte ja auf die Idee kommen, dass Bezieher von Zusatzpensionen nicht mehr so viel staatliche Pen sion brauchen, also quasi Sektionschefs sind.

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