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Netanyahu: Einsatz in Rafah wird so oder so kommen

Israel wird gegen die Hamas in Rafah im Süden des Gazastreifens vorgehen, auch wenn die radikal-islamische Organisation einen jüngsten israelischen Vorschlag für eine Waffenruhe zustimmen sollte. Bei einem Treffen mit Angehörigen israelischer Geiseln und gefallener Soldaten sagte Netanyahu am Dienstag nach Angaben seines Büros: "Wir werden nach Rafah hineingehen und die Bataillone der Hamas dort zerschlagen - mit Deal oder ohne Deal."

Israels Offensive auf Stadt im Gazastreifen in jedem Fall geplant
Israels Offensive auf Stadt im Gazastreifen in jedem Fall geplant

Der israelische Regierungschef sagte demnach ferner: "Die Idee, dass wir den Krieg stoppen, bevor alle seine Ziele erreicht sind, kommt nicht in Frage." Ziel sei weiter der "totale Sieg" über die islamistische Terrororganisation Hamas. Seine Gesprächspartner hätten ihn dazu aufgerufen, die Kriegsziele zu erreichen und internationalem Druck standzuhalten.

In Kairo laufen gegenwärtig indirekte Verhandlungen über einen neuen Deal über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Es wurde damit gerechnet, dass Israel im Fall einer Einigung zunächst von einem Militäreinsatz in Rafah absehen würde.

Die USA, andere Länder und auch Hilfsorganisationen haben die Regierung von Netanyahu wiederholt vor einer groß angelegten Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt. Die Stadt an der Grenze zu Ägypten ist mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfüllt.

Derzeit leben dort 1,5 Millionen Menschen unter katastrophalen Bedingungen, teilte die Hilfsorganisation CARE am Dienstag mit. "Zehntausende Menschen, die in Rafah Zuflucht gefunden haben, kämpfen mit extremem Hunger und begrenzter Wasserversorgung. Ihre Überlebenschancen sinken kontinuierlich", hieß es in einer Aussendung. CARE forderte daher einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand.

Die Nerven der Menschen in der Grenzstadt sind laut UNRWA-Chef Philippe Lazzarini aus Angst vor einer israelischen Militäroffensive bis aufs Äußerste gespannt. Bis Dienstag habe das israelische Militär die Menschen in Rafah noch nicht aufgefordert, das Gebiet zu verlassen, aber damit werde jeden Moment gerechnet, sagte der Chef des UNO-Palästinenserhilfswerks am Dienstag in Genf. "Unsere Kollegen vor Ort berichten von außerordentlicher, tief sitzender Angst", sagte Lazzarini. Im Norden des Gazastreifens kämen entgegen israelischen Angaben noch immer nicht genügend Lebensmittel an. Israelische Stellen verweigerten Konvois des UNRWA mit Hilfsgütern systematisch die Genehmigung, in den Norden zu fahren.

Auslöser des Krieges im Gazastreifen war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab die Zahl der seit Kriegsbeginn getöteten Menschen im Gazastreifen zuletzt mit 34.535 an. Die von ihr veröffentlichten Zahlen machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Bewaffneten und lassen sich unabhängig kaum überprüfen. Israel zweifelt die Opferzahlen der Hamas an.

Unterdessen wurde bei einer Messerattacke auf einen israelischen Grenzpolizisten in Jerusalem ein Mann am Dienstag erschossen. Er habe im Bereich der Altstadt mit einem Messer auf den Polizisten eingestochen und ihn verletzt, teilte die israelische Polizei mit. Sicherheitskräfte hätten den Angreifer "ausgeschaltet". Der Mann sei später für tot erklärt worden. Der Angreifer sei als 34-jähriger türkischer Staatsbürger identifiziert worden.

Die Nachrichtenseite "ynet" berichtete, der Mann sei am Montag über Jordanien als Tourist eingereist. Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem sagte, man prüfe den Bericht. Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei waren zuletzt vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs extrem angespannt.