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Der Wahlkampf wird UNESCO-Weltkulturerbe!

Was "Kern gegen Kurz" mit den Pyramiden von Gizeh und dem Taj Mahal gemeinsam hat.

Alexander Purger

Die gute Nachricht: Der österreichische Wahlkampf ist zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden. In seiner Begründung hebt der Pariser Weltkult-Urrat (oder wie das heißt) das außerordentliche Niveau der heimischen Wahlaus einandersetzung, die Subtilität der dabei ein gesetzten Mittel und die Wohlabgewogenheit der zwischen den Wahlkampf-Partnern ausgetauschten Sachargumente hervor.

Die Freude über die Pariser Entscheidung ist in Österreich naturgemäß überschäumend (und damit sektsteuerpflichtig). Denn ein angenehmer Nebeneffekt der Welterbe-Erklärung besteht darin, dass die öster rei chische Spielart des Wahlkampfs nun dermaßen schützenswert ist, dass sie nie mehr enden darf.

Die UNESCO-Entscheidung fiel übrigens - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - bereits zu Jahresbeginn 2016. Um das zarte Pflänzchen des damals anlaufenden Präsidentschaftswahlkampfs zu hegen und zu pflegen, wurden alle nur erdenklichen Hebel in Bewegung gesetzt. Dass auf den ersten ein zweiter Wahlgang folgte, war noch relativ einfach zu bewerkstelligen. Dann erklärten sich die FPÖ und der Verfassungsgerichtshof dankenswerterweise bereit, eine Wahlanfechtung einzubringen und selbiger stattzugeben.

Als nach dem daraufhin notwendigen dritten Wahltermin der Welterbe-Status zu enden drohte, sprang glücklicherweise ein anonymer Briefkuvertklebstoff-Kocher in die Bresche und verlängerte den Wahlkampf gekonnt bis Jahresende 2016. Ja, und dann begann eh schon der Nationalratswahlkampf.

Aber wird dieser am 15. Oktober nicht abrupt zu Ende sein? Nein, da kennen Sie unsere vorausschauende Politik wenig! Längst wurden Vorkehrungen getroffen, damit der Wahlkampf auch danach weitergeht. Vor allem die Ankündigung der SPÖ, jeglichen Koalitionspakt einer parteiinternen Urabstimmung zu unterziehen, garantiert eine Verlängerung der UNESCO-zertifizierten Parteienkonfrontation bis weit in den Jänner 2018 hinein.

Auch die Vielzahl der antretenden Listen stellt sicher, dass die Auseinandersetzung der Parteien um die künftige Regierung nicht vor Frühjahr nächsten Jahres endet. (Die von den Grünen abgespaltene "Liste Pilz" wird sich zu diesem Zweck demnächst noch in eine "Liste Pi" und eine "Liste Lz" spalten.)

Die Verhandlungen über eine Vier- oder noch besser Fünf-Parteien-Koalition werden sich zweifellos monatelang hinziehen. Even tuell ist es sogar möglich, sie überhaupt zum Scheitern zu bringen und in Neuwahlen inkl. halbjährigem Wahlkampf münden zu lassen. Andernfalls wäre das bewährte Mittel einer Wahlanfechtung einzusetzen. Jedenfalls ist unser Weltkulturerbe langfristig gesichert.

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