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Landwirte wollen das Feld nicht räumen

Strukturwandel sagen die einen. Bauernsterben die anderen. Auch im Pongau suchen Landwirte nach neuen Konzepten für die Aufrechterhaltung der kleinen Landwirtschaft. Salzachhofbauer Toni Maier aus St. Johann hat gemeinsam mit Kollegen potenzielle Lösungswege erarbeitet.

Toni Maier bewirtschaftet den Salzachhof in St. Johann.
Toni Maier bewirtschaftet den Salzachhof in St. Johann.

Seit Monaten regen sich in ganz Europa Bauernproteste. Tausende Landwirte gehen auf die Straße, aus Frust über ein System, das nicht mehr die Menschen ernähren kann, ohne dabei die Erde zu ruinieren, "und das es nicht schafft, den Bauern ein ordentliches Leben zu ermöglichen", fügt Toni Maier hinzu. Der Salzachhofbauer ist seit 1985 mit seiner Familie mit Leib und Seele Bauer und erkannte schon früh die Entwicklung in der Landwirtschaft. Er setzte wie viele andere auch auf den Nebenerwerb, um den Hof seiner Familie erhalten zu können.

Strukturwandel lässt Höfe sterben

Seit vielen Jahrzehnten vollzieht sich europaweit - und auch in Österreich - ein Strukturwandel, der die Höfe wegsterben lässt. Eine Entwicklung, die letztlich für die kleinstrukturierte Landwirtschaft nur zwei Wege offenlässt: Einerseits Intensivierung mit Höchstleistungen bei den Milchkühen - mit fatalen ökologischen Folgen für Feld und Tier. "Eine Produktionssteigerung, die von vielen querfinanziert wird, teilweise sogar mit Verkauf von Grund und Boden." Der kleinere landwirtschaftliche Betrieb muss heute 3-10 Mal so viel produzieren wie früher. Bauern stehen unter Druck, die neuen Stallungen oder Maschinen zu finanzieren. "Andererseits bleibt nur der Gang in den Nebenerwerb, um eine jahrhundertealte Tradition nicht aufgeben zu müssen. Die Arbeit im Stall beginnt frühmorgens um 4.30 Uhr und früher. Und die Elterngeneration hilft bis ins hohe Alter mit."

Dieser Gang in den Nebenerwerb verdecke bei uns den schleichenden Strukturwandel, so der Agrarvisionär, der an der Universität für Bodenkultur in Wien studierte und später ein Jurastudium abschloss. Maier unterrichtete mehrere Jahre an der Landwirtschaftsschule in Bruck. Er setzte sich mit anderen Landwirten, auch aus dem Lungau und Pinzgau, zusammen: "Es geht darum, über den Tellerrand zu blicken. Denn auch der Blick nach Bayern zeigt beispielsweise keine Ausnahme." In großen Laufställen, die mit dem Begriff des "Tierwohls" beworben werden, kommen die Kühe nämlich kaum mehr auf die Wiese.

Ein Trend, der auch uns erreichen wird? Der gesellschaftlich hohe Druck seitens des Lebensmitteleinzelhandels gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben für immer billigere Lebensmittel "steht einem schrumpfenden Einkommen und steigenden Kosten gegenüber und zwingt viele kleinere Bauern zum Ausstieg. Dabei pachten manche sogenannte ,Zukunftsbetriebe' kleinere Landwirtschaften bis auf Restflächen auf. Durch diese Restflächen scheinen aber die Verpachterbetriebe sehr wohl noch statistisch als landwirtschaftliche Betriebe auf." Das wirkt sich in der Statistik dann so aus, als gäbe es offiziell keine Strukturbereinigung bzw. Bauernsterben. "Doch der Zug fährt ab, wenn es keine - dringend benötigte - Agrarwende gibt."

Vorschläge zum Weg aus der Krise

Maier und seine Kollegen haben in stundenlangen Gesprächen nach neuen Konzepten und Wegen aus der Krise gesucht. Um dieses Höfesterben in der Produktion aufhalten zu können, schlagen sie zwei Wege vor: "Wenn Bauern für die ersten 90.000 produzierten Kilo Milch einen indexgesicherten Toppreis erhalten würden. So könnte man die häufigen Schnitte auf den Feldern begrenzen." Landwirte müssten nicht mehr so oft mähen und ihre Wiesen überdüngen. "Kühe mit riesigen Eutern aus Leistungsbetrieben sollte doch nicht unser aller Ziel sein." Maier, der selbst Mitglied des Bauernbundes ist, zeigt auf seine letzte Milchgeldabrechnung von nur 58 Cent pro Liter, "und das trotz Bio-Laufstallzuschlag. 1989 lag er bei 51 Cent, ohne Bio-Zuschlag." Es geht nicht an, dass Diskonterketten dauernd wertvolle Lebensmittel zu Schleuderpreisen anbieten. Getoppt wird das nur noch mit Slogans wie ,Bio billig'", ärgert sich Maier.

Zusätzlich schlagen er und seine Kollegen einen zweiten Weg vor: "Eine Finanzierung aus der Ökoabgabe." Denn um die Energiewende zu stemmen, "wird ja auch seit Jahren folgend agiert: Fast 40 Prozent vom Gesamtstrompreis sind für Ökoabgaben zu zahlen. So müsste man auch bei Lebensmitteln vorgehen. Nur so könne der Bauer umweltfreundlicher und auch klimafreundlicher wirtschaften. "Ansonsten verschwinden in den nächsten Jahren die kleineren milcherzeugenden Höfe fast zur Gänze aus unserer Region." Und es wären gerade diese kleinen Höfe, die in der Kreislaufwirtschaft produzieren. Sie sind nämlich mit Abstand am fairsten, verlässlichsten und am nachhaltigsten.

Aufstocken und wachsen - weniger Betriebe, aber dafür größere?

In Salzburg werden derzeit rund 7595 landwirtschaftliche Betriebe bewirtschaftet - wovon knapp die Hälfte im Nebenerwerb geführt wird. Fast ein Viertel der Landes-fläche wird landwirtschaftlich genützt, davon 58% biologisch bewirtschaftet. Der Anteil der Bergbauernbetriebe liegt bei rund 60 Prozent. Im Pongau sind es 1940 Betriebe.

1970 gab es in Österreich 366.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Laut den Daten des Grünen Berichts 2023 sind es aktuell (2022) etwa 127.460 land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Zwei Drittel des landwirtschaftlichen Faktoreinkommens, so die Statistik Austria, sind Förderungen. Zwischen 2023 und 2027 stehen Österreich 8,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein großer Teil dieser Förderungen wird nach Betriebsgröße, also pro Hektar, vergeben.

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