SN.AT / Kolumne / Absolut LA / Absolut LA

Warum Kinostars Zuflucht bei Fernsehserien nehmen

Paradigmenwechsel: Das Fernsehen gewinnt gegen Filmstudios immer öfter das Tauziehen um die zugkräftigen Stars.

Kathrin Pilz

Es ist noch nicht lang her, als Movie-Stars Movie-Stars waren und auf ihre TV-Kollegen herabblickten. Wer einmal als Fernsehschauspieler "verschrien" war, schaffte selten den Sprung zum "Big Screen". Ernsthafte Schauspieler mieden daher das Medium TV wie die Pest.

Doch die Zeiten haben sich grundlegend geändert. Gegenwärtig sieht es so aus, als wanderten die wirklichen Künstler in Hollywood zum Fernsehen ab. Mit brandneuen, oft provokativen Geschichten, die sich über mehrere Staffeln ziehen, bieten risikofreudige Kabelsender wie HBO den Kreativen mehr Freiraum und Möglichkeiten als je zuvor.

Ironischerweise ist nicht zuletzt ein qualitativ hochwertiges Programm der Kabelsender dafür verantwortlich, dass Hollywood immer langweiligere Filme produziert. Denn im Unterschied zu früher, als die Amerikaner bis zu 30 Mal pro Jahr ins Kino gingen, lösen sie nur mehr magere vier Eintrittskarten jährlich.

Große Flachbildschirme und aufregender Content sind für viele attraktiver, als neben popcornessenden Mitmenschen voraussagbare Plots zu verfolgen.

Weniger verkaufte Kinokarten bedeuten, dass Hollywood weniger, aber noch teurere Filme produzieren muss, die keinesfalls floppen dürfen. Die Filmstudios setzen deshalb auf teure Spezialeffekte und erprobte Charaktere wie Comic-Superhelden, die quasi eine "eigene" Fangemeinde mitbringen. Diese floppen in der Regel nicht und belohnen Hollywood mit sicherem Gewinn.

Es sieht aus, als würde uns Hollywood mindestens noch 14 Jahre lang mit Helden bombardieren. Allein Marvel-Studioboss Kevin Feige plant bis 2028 zwei Comic-Verfilmungen pro Jahr. Überraschen können diese Filme schon jetzt nicht mehr. Und die darstellerische Leistung wird austauschbar.

Kein Wunder also, dass etablierte Filmstars wie Al Pacino, Kevin Spacey, Laura Dern, Alec Baldwin oder Jessica Lange sich vom Kino abwenden. Sie stürzen sich lieber auf die herausfordernden, vielschichtigen Rollen und kreativen Drehbücher mit neuen Ideen von TV-Produzenten. Für den zweifachen Oscargewinner Kevin Spacey, der in der Netflix-Serie "House of Cards" als skrupelloser und machtgieriger Politiker brilliert, verschwimmen die Grenzen zwischen TV und Film längst.

"Was definiert Film? Dass er zwei Stunden dauert? Oder wo man ihn sieht? Ist ,Avatar‘ kein Film mehr, nur weil ich ihn auf meinem iPad statt im Kino ansehe? Für die Kids heutzutage macht es keinen Unterschied, auf welcher Plattform sie ,Game of Thrones‘ sehen. Alles ist Inhalt. Und alles, was die Zuseher wollen, sind gute Storys. Egal in welcher Form!", so Spacey beim Edinburgh-TV-Festival. Seine Rede beendete Spacey mit einem Orson-Welles-Zitat: "Ich hasse TV wie Erdnüsse, aber ich kann nicht aufhören, Erdnüsse zu essen."



KOMMENTARE (0)