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Wie man in US-Gefängnissen auch überleben kann

Die Haftbedingungen sind nicht überall gleich. Und einige Abteilungen sind besonders schräg, aber etwa für Homosexuelle sicherer als andere.

Kathrin Pilz

In der TV-Serie "Orange Is the New Black" erinnert ein Gefängnisaufenthalt bisweilen an ein Sommerlager. Doch die Realität in amerikanischen Gefängnissen ist knallhart. Als besonders brutal und albtraumhaft gelten die Verhältnisse im L. A. Men's Central Jail (MCJ). Trotz der Bemühungen der letzten Jahre, die Zahl der Inhaftierten zu reduzieren, sind die Gebäude mit 19.000 Inhaftierten immer noch hoffnungslos überfüllt. Die Bedingungen sind unmenschlich und viele Insassen sind geistig behindert. Darüber hinaus tragen Rassenspannungen und Bandenrivalitäten zu einem hochexplosiven Gefängnisalltag bei. Wer im MCJ landet, muss um sein Leben fürchten.

Nur im Trakt K6G herrscht eine andere Stimmung. Zwar leben auch hier zu viele Menschen auf zu engem Raum - rund 400 Häftlinge sind in halb so vielen Stockbetten untergebracht. Dennoch geht es dort erstaunlich friedlich, sogar freundschaftlich zu. Wie eine kurze Filmdokumentation auf YouTube beweist gibt es hier einen echten Zusammenhalt zwischen den Insassen: Da werden aus Cornflakes-Schachteln Sterne gebastelt und die Betten damit dekoriert. Die Gefängniskleidung ist hier im Unterschied zu den übrigen dunkelblauen Uniformen himmelblau und wird zu "Couture" umgeschneidert und auf dem improvisierten "Laufsteg" zwischen den Stockbetten präsentiert. Hier gibt es sogar selbstorganisierte Family Nights mit Gruppengesprächen und Spielen.

Wer im K6G untergebracht ist, "sitzt" um einiges sicherer als sonst wo im MCJ. Kein Wunder, dass der Trakt bei den Häftlingen extrem begehrt ist. Doch nicht jeder bekommt Zugang. Um als Inhaftierter in den K6G zu kommen, muss man entweder transsexuell oder schwul sein. Viele der heterosexuellen Häftlinge geben sich deshalb als homosexuell aus, um in diesen Raum verlegt zu werden, was zur Einführung eines neuen Begriffs führte: "Gaydar" ist das Wort für eine Art Radar, ein Gespür, das Wärter entwickeln müssen, um "echte" Gays (Schwule) von denen zu unterscheiden, die nur vorgeben, schwul zu sein. Die Beamten versuchen, durch gezielte Fragen festzustellen, wer homosexuell ist und wer es nur behauptet. Unter anderem müssen Inhaftierte, die ins K6G wollen, Schwulenbars benennen und beschreiben können, sowie ihren Alltag im Detail schildern.

Natürlich ist auch das K6G kein Ort, an dem man freiwillig sein will. "Eine Haftanstalt ist eine Haftanstalt", meinte der britische Filmproduzent Duncan Roy, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt und der 89 Tage im K6G inhaftiert war. "Es ist ein desperater, kalter, brutaler Ort."

Roy besteht darauf, dass es sich bei seiner Inhaftierung um einen Justizirrtum handelte. Er saß dort fast drei Monate lang fest, weil es zwischen der Einwanderungsbehörde und dem Sheriff's Department ein Missverständnis gab. Für Roy ist klar, dass seine sexuelle Orientierung möglicherweise lebensrettend war. Das war nicht immer so: Bis 1969 kamen etwa in Deutschland homosexuelle Erwachsene noch wegen "Unzucht" ins Gefängnis.

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