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Erinnerungen an ein Kitzbühel-Wochenende

Skistars und Hoppalas vor fast 50 Jahren sind noch heute allgegenwärtig.

Richard Oberndorfer

Es war der Jänner 1972. Massen stürmten den Ganslernhang in Kitzbühel, um den Slalomassen des Traditionsrennens rund um den Franzosen Jean-Noël Augert genau auf die Ski zu schauen. Mittendrin ein neunjähriger Stöpsel, der sich kaum auf dem steilen Hang und dem rutschigen Gelände halten kann. Tosender Applaus umgibt den kleinen Burschen, als die Fans bei jedem Slalomartisten aufschreien. Die Konzentration des jungen Mannes gilt auch einem Fotoapparat, der die Augenblicke und rasante Bewegungen für die Ewigkeit festhalten soll. Aber das wird schwer, denn das Tempo der Skifahrer lässt kaum scharfe Fotos zu. Erst Tage später sollte die Entwicklung der Bilder eine Enttäuschung bringen: Nur ein Foto war scharf - und das nur, weil der Läufer am Hang gestanden war. Erst Wochen später sollte sich herausstellen, dass das Gspür für gute Fotos doch da war: Der junge Mann hatte Francisco Fernández Ochoa abgebildet - den späteren Slalom-Olympiasieger von Sapporo 1972. Er blieb der einzige spanische Olympiasieger bei Winterspielen. Den Slalomsieg in Kitzbühel holte sich übrigens Augert. Zwei Jahre später sollte Hans Hinterseer den Slalom gewinnen - bis heute der einzige Sieg eines Kitzbühelers auf dem Ganslernhang.

Doch bei den Wirren und dem Andrang rund um den Slalomhang waren die Eltern nicht mehr in Sichtweite. Der Neunjährige hatte sie aus den Augen verloren. So musste der Veranstalter am Organisationsturm einspringen: "Der kleine Richard sucht seine Eltern", rief der legendäre Kitzbühel-Sprecher Michael Horn in die Menge - aus der sich ein Elternpaar löste und den kleinen Sportfan in die Arme schloss.

Ein paar Jahre später sollte es schon erwachsener zugehen. Dabei überwog noch eher das Zusehen denn das eigene Mitfeiern. Kurz vor dem Abfahrtslauf lagen sie im Schnee, die Bierleichen und betrunkenen Klammer-Fans. Sie haben vermutlich nicht viel von dem damaligen Hahnenkammwochenende mitbekommen. Gut, dass die Veranstalter heuer rigoros in Sachen Alkohol durchgreifen. Die Erinnerungen an turbulente Zeiten bleiben klar.

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