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Im Sport geht es oft um den einen Moment

Warum gibt es regelmäßig Außenseitersensationen? Ein Erklärungsversuch.

Richard Oberndorfer

Den Erfolg genießen, die Sekunden gleich nach dem Erreichten mit einem deftigen Adrenalinschub auskosten war für viele Unterschätzte das Motto dieser Woche. Als der Weltranglistenerste Novak Djoković, sonst keiner, der sich vor der Endphase eines hochkarätigen Tennisturniers verabschiedet, das Aus in der dritten Runde von Indian Wells akzeptieren musste, musste die Sportwelt kurz erstaunt innehalten. Gegen den Italiener Luca Nardi, nur durch Zufall als Lucky Loser in den Hauptbewerb gekommen, setzte es diese ungewöhnliche Niederlage. Irgendwie konnte es nach dem Match keiner der Kontrahenten glauben.

Wenige Tage später ging im deutschen Pokal-Viertelfinale der Durchmarsch des FC Saarbrücken weiter: Mit einem Kraftakt in der Nachspielzeit die Gladbacher aus dem Bewerb geworfen - zuvor hatten schon unter anderem die großen Bayern die Pokalpläne einstellen müssen. Beide sportlichen Überraschungen im Duell von David gegen Goliath zeigten den unbändigen Willen des vermeintlichen Außenseiters und dessen Lust auf mehr. Nie aufgeben und bis zum Schluss das Beste geben - es gibt ja nicht viel zu verlieren - kann in der Sportwelt regelmäßig zu Überraschungen führen. Das ist das Schöne und Faszinierende im Sport: Es geht oft um den einen unberechenbaren Moment, um die entscheidende Bewegung zur rechten Zeit, all das kann das Unfassbare ermöglichen. Dann geraten sogar eine Grundordnung und der gewohnte Alltag in der sportlichen Reihenfolge aus den Fugen. Woche für Woche erleben wir Fähigkeiten von den sogenannten Kleinen und freuen uns mit ihnen. Wir hegen dabei sogar Gefühle gegen jene Stars, die wir sonst bewundernd bei ihren Titelgewinnen begleitet haben. Die Favoriten dagegen müssen bei jedem Match abliefern, der Druck lastet jeden Tag auf ihren Schultern. Aber auch sie sind Menschen wie du und ich. Mit Zweifeln und Ängsten. Auch das sollten wir bei den Überraschungen in den Rückblicken berücksichtigen.

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