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Lena Schilling: Können die Grünen die Affäre im Wahlkampf noch einfangen?

Die grünen Granden stellten sich in einer ersten (vielleicht zu) beherzten Reaktion voll hinter Lena Schilling. Im Hintergrund wird, wie grüne Insider hinter vorgehaltener Hand andeuten, offenbar eine Intrige der ehemaligen Jungen Grünen vermutet.

Lena Schilling
Lena Schilling

"Wir lassen uns von irgendeinem anonymen Gemurkse und Gefurze nicht aufhalten", sagte ein trotziger Grünen-Chef Werner Kogler in einer für Mittwochmorgen hastig einberufenen Pressekonferenz der Grün-Granden. Im Hintergrund stand ein vom "Standard" publiziertes Konvolut großteils anonymer Vorwürfe, die der grünen EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling die charakterliche Eignung für die Politik absprechen und ihr ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit unterstellen.

Unterlagen über eine Unterlassungserklärung Schillings in einer privaten Auseinandersetzung lagen mehreren Medien seit Wochen vor. Der "Standard" recherchierte weitere anonyme Vorwürfe offenbar aufwendig nach und publizierte insgesamt ein recht ungünstiges Charakterbild Schillings. So soll die grüne Spitzenkandidatin einen Journalisten fälschlicherweise bezichtigt haben, sie belästigt zu haben. Auch soll Schilling laut "Standard" eine Affäre mit einem bekannten Fernsehjournalisten erfunden haben.

Die Grünen wehrten sich in einer beherzten Pressekonferenz und sprachen von einer organisierten Schmutzkübelkampagne. "Wir haben gewusst, dass der Wahlkampf dreckig wird", sagte Kogler.

Im Hintergrund wird, wie grüne Insider hinter vorgehaltener Hand andeuten, offenbar eine Intrige der ehemaligen Jungen Grünen vermutet, die 2017 von Eva Glawischnig mit Unterstützung von Sigrid Maurer aus der Partei geworfen wurden und von denen viele zur KPÖ wechselten. In diesem Biotop hat sich auch Schilling lange bewegt. Schilling selbst pochte bei der grünen Verteidigungs-PK auf ihr Privatleben und kommentierte die Vorwürfe inhaltlich nicht. Wie kommen die Grünen in den Wochen bis zur Wahl aus der Misere wieder heraus?

Politikberater Thomas Hofer beklagt im SN-Gespräch die etwas unglückliche, zu martialische Art, in der sich die grünen Granden hinter Schilling stellten. Dieser erste, zum Teil auch der Emotion zuzuschreibende verunglückte Schritt des Krisenmanagements provoziere, dass "medial nachgelegt" werden müsse. Mit der grünen "Jetzt erst recht"- bzw. Verschwörungserzählung, die darauf abziele, unter weiblichen Zielgruppen "mit der Gegenerzählung vom Opfer Schilling und dass Vergleichbares einem Mann nicht passieren würde", einen Solidarisierungseffekt zu bewirken. Es gehe aber ausschließlich um Schadensbegrenzung. Die Grünen machten das, was sie ÖVP und FPÖ immer wieder vorgeworfen hätten: "Das ist eine Kampagne. Wir sind Opfer - das ist alles böse."

Zudem scheue man sich, den "Standard", der die Vorwürfe publizierte, anzugreifen, rede aber dennoch von gesteuerter Kampagne und willfähriger Medienunterstützung einer böswilligen Kampagne. Viel hänge davon ab, was in den nächsten Tagen an Chats, genauen Schilderungen oder weiteren Stimmen von möglichen Betroffenen nachkomme, sagt Hofer. "Das Positivste, was man erreichen kann, ist, dass man es so eindämmt, dass der Schaden überschaubar wird, aber die Sache hat durchaus das Potenzial, dass es zu einer Fortsetzungserzählung wird."